Die Indrohnisierung der Medien

von Tristan Thielmann

Vortrag auf der Fachtagung „Medien der Entscheidung“
Hochschule für Bildende Künste Braunschweig

Drohnenbilder stellen die Diskussion um mediengestützte oder -determinierte Entscheidungsprozesse auf eine neue Probe. Entgegen der bisherigen Reduktion auf ballistische Bildwelten bringen Drohnenbilder die emergente Logik einer „sensierten“ digitalen Umwelt zum Vorschein, die durch eine allgegenwärtige, mobile, vernetzte und verteilte Agency der Echtzeit-Informationserfassung gekennzeichnet ist.

Drohnen versprechen nicht nur ein abstraktes „Action at a Distance“ (Latour 1987), sondern ein medial aufgeladenes „Sensing at a Distance“. Sie stehen für die Ausweitung der Reich- und Bandbreite sensorischer Datenerfassung, für die Durchdringung von Raum und Zeit in noch schnellerem Maßstab und mit noch multipleren Perspektiven sowie schließlich für neue mediale Formen situierter Entscheidungsfindung. Die Analyse der Indrohnisierung der Medien, die mittlerweile nicht nur diverse Settings der Videoproduktion, sondern auch die digitale Postproduktion umfasst, führt uns die Unhintergehbarkeit algorithmischer Entscheidungslogiken vor Augen.

Historisch lässt sich diese Form mediengestützter Entscheidungsfindung auf die ersten Computerdisplays zurückführen. Bereits beim SAGE Air Defense Computer war die Zielerfassung (feindlicher Flugobjekte) und die Zielführung (der Abfangjäger) Teil einer display-verteilten Handlung, die „Kooperation ohne Konsens“ (Star/Griesemer 1989; Star 1993) ermöglichte. Systeme verteilter Rechenschaft sind daher nicht nur dem „Distributed Common Ground System“ heutiger Drohnenkriege immanent, sondern bereits in die digitale Repräsentation beweglicher Objekte eingeschrieben. Im Gegensatz zu bodenhaftenden Navigationsmedien sind Drohnen in ihrer Operativität notwendigerweise auf Verteilung und damit auf permanente Wegentscheidungsfindung angewiesen – ob diese im Realraum oder Bildraum stattfindet.

Drohnen sind dabei nicht nur ein digitaler Fühler, sie erzeugen auch digitale Proben von Landschaft, die sich dadurch interaktiv imaginiert. Der Georaum scheint selbst aktiv zu werden und menschlichen Akteuren Handlungsmacht zu rauben. Die Entscheindungsfindung ist mittelbar an Algorithmen, aber praxistheoretisch an die Morphologie von Landschaft delegiert. Drohnen kehren insofern die Perspektive im medienwissenschaftlichen Diskurs zu mobilen Medien und dem „Internet der Dinge“ um: Erstmals rückt in den bildlichen Fokus, wie die situierten mobilen Dinge oligoptisch uns sehen und nicht allein, wie wir panoptisch die Dinge sehen.

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