Navigation in Online-/Offline-Räumen

DFG-Teilprojekt A3 des SFB 1187 „Medien der Kooperation“

Projektleitung: Tristan Thielmann & Carolin Gerlitz
(Laufzeit 2016 bis 2019)

Durch das gemeinschaftliche Sammeln (Crowdsourcing), Zirkulieren und Neuordnen von Geodaten scheinen sich mobile Navigationsanwendungen zu einem ‚sozialen Medium‘ zu wandeln. Inwiefern rekurrieren die neuen vernetzten Mobilmedien dabei auf historische Praktiken kollaborativer Kartographie? Das Teilprojekt geht von der Hypothese aus, dass die unterschiedlichen Praktiken der Raumproduktion in der Nachverfolgung von Mittlerketten und Wegspuren hervortreten. In der Darlegung von medialen Operationsketten quer durch Online- und Offline-Räume sollen die verschiedenen Formen der Zusammenarbeit und Koproduktion von Personen, Artefakten und Zeichen sichtbar werden. Im Zentrum der Analyse steht dabei die analoge und digitale Karte als Plattform für die Interoperabilität verschiedener Medien. Das zentrale Ziel des Forschungsprojekts ist die Bestimmung des wechselseitigen Verhältnisses von Raum- und Medienpraktiken. Dies soll vor dem Hintergrund der Analyse dreier Navigationsmedien geschehen:

  1. Anhand der Mediengeschichte US-amerikanischer Routenführer zwischen ca. 1885 und 1902 kann gezeigt werden, dass dieses Medium kooperativ geschaffen wurde und zugleich als Kooperationsbedingung für die Handlungsmacht eines Netzwerks von lokalen AkteurInnen diente. Hierzu wird dargelegt, wie die Herstellung der ersten Road Books im Zusammenspiel von Straße, Fahrrad, Bleistift, Skizzenbuch, Logbuch und der sozialen Gruppenordnung der League of American Wheelmen entstand.

  2. Am Beispiel von Drohnen können Praktiken der verteilten Raumerfassung vernetzter Kameras untersucht werden. Ziel ist es, in der Nachverfolgung der Steuerung, der Aufzeichnung und dem Streaming von Drohnenbildern die Operativität von koproduzierten Bild- und Georäumen sichtbar zu machen. Zudem soll der Beitrag der Medientheorie Paul Virilios für die Science and Technology Studies (STS) von Drohnenbildern evaluiert werden

  3. Durch die Analyse von Social Navigation Apps kann gezeigt werden, wie Crowdsourced Maps als Verrechnungsplattformen dienen, die einerseits divergente soziale, kulturelle und ökonomische Interessen versammeln und andererseits gemeinsam Bewegung im Raum prozessieren. Ziel ist es, durch die Analyse der verteilten Vollzugswirklichkeit die Heterogenität der beteiligten Medien und Mittler am kartierenden und navigierenden Prozess deutlich zu machen und so ein besseres medientheoretisches Verständnis kollaborativer Navigationspraktiken zu erlangen.

Anhand des Vergleichs der drei Korpora soll der Frage nachgegangen werden, durch welche Medienpraktiken sich die Navigation in Online- und Offline-Räumen stabilisiert. Die Vergleichsanalyse kann zudem zeigen, welchen Beitrag die kultur- wie sozialwissenschaftlich bereits erforschte Praxeologie von Karten für die Übertragung auf mobile und vernetzte Digitalmedien leisten kann. Ist durch digitale Techniken eine Rematerialisierung von Kartenproduktionsketten zu konstatieren? Zur Beantwortung dieser Frage sollen analoge Routenkarten einer historischen und praxeologischen Analyse unterzogen werden und digitale Navigationsanwendungen mit digitalen Methoden als „ecologies of connected devices“ respezifiziert werden. Abschließend wird überprüft, welchen Beitrag geographische Praxistheorien für eine Medienpraxistheorie leisten können.

 
Weitere Informationen auf der Website des SFB „Medien der Kooperation“.